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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:19.03.2004
Aktenzeichen:VG 01/03
Rechtsgrundlage:§ 10 Abs. 2 KVwGG; § 52 Abs. 1 Satz 3 Württ. Pfarrergesetz
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Freistellung, Klagebefugnis

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 19. März 2004

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Leitsatz:

  1. Der Antrag auf Freistellung eines Pfarrers unter Weiterbezahlung der Dienstbezüge gegen Erstattung der Aufwendungen kann nur von der aufnehmenden Einrichtung gestellt werden, nicht vom Pfarrer selbst.
  2. Durch die Ablehnung einer Freistellung unter Weiterbezahlung der Dienstbezüge wird ein Pfarrer nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt.
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Az: VG 01/03
In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer …
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Freistellung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Erika Schlatter als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Christian Kohler als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
ohne weitere mündliche Verhandlung am 19. März 2004 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Der Kläger begehrt eine Freistellung unter Weiterzahlung der Dienstbezüge.
Der im Jahre 1951 geborene Kläger trat im Jahre 1982 als Vikar in den Dienst der Beklagten. Im Jahr 1987 wurde er in ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit übernommen und auf die Pfarrstelle „Jugend und Arbeitswelt“ an der Akademie …l ernannt; die Stelle ist im Pfarrbesoldungsgruppe 3 eingestuft. Die Amtszeit des Klägers wurde letztmalig bis zum 31. Juli 2000 verlängert.
Mit Wirkung vom 1. August 2000 wurde der Kläger zum Pfarrer für Religionsunterricht an der Gewerblichen Berufschule in U. ernannt. Die Amtszeit wurde bis zum 31. Juli 2002 befristet. Dem Kläger wurde eine befristete Besitzstandswahrung im Hinblick auf seine bisherige Besoldung zugestanden.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2002 beantragte der Kläger eine Verlängerung seiner Amtszeit auf der genannten Pfarrstelle um ein Jahr. Er gab an, er wolle sich im Jahre 2003 auf die Pfarrstelle der Gefängnisseelsorge Heimsheim bewerben. Die Dienstzeit wurde bis 31.07.2003 verlängert (Besoldung nach P 1).
Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 beantragte der Kläger, ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Aufnahme einer Tätigkeit als Schulleiter der Sonderberufschule am Berufsbildungswerk der Paulinenpflege ... zu beurlauben.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2002 beantragte die Paulinenpflege ihrerseits, den Kläger zum nächstmöglichen Termin „zu uns hin zu beurlauben“. Die Stelle sei unbefristet, so dass die Paulinenpflege an einer unbefristeten Beurlaubung besonders interessiert wäre. Weiter wurde ausgeführt, die Paulinenpflege sei mit einer Beurlaubung bei vollen Dienstbezügen einverstanden und werde diese dem Oberkirchenrat jeweils erstatten. Die Stelle sei mit A 15 bewertet. Wenn der Oberkirchenrat eine entsprechende Stelle schaffen könnte, wäre dies wahrscheinlich am einfachsten. Andernfalls würde die Paulinenpflege die Differenz zwischen der Pfarrbesoldungsgruppe 1 und der Beamtenbesoldungsgruppe A 15 gegenüber dem Kläger direkt ausgleichen.
Eine Bescheidung der beiden Anträge erfolgte zunächst nicht.
Der Kläger trat am 1. November 2002 die neue Stelle an, er hielt ab diesem Zeitpunkt keine Bezüge mehr von der Beklagten.
In seiner Sitzung vom 10. Dezember 2002 beschloss das Kollegium des Oberkirchenrats, den Kläger unbefristet zur Übernahme der Stelle als Schulleiter der Berufsschule der Paulinenpflege ... - ohne Fortzahlung der Bezüge - freizustellen.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 wurde dem Kläger vom Oberkirchenrat mitgeteilt, dass er mit Wirkung vom 1. November 2002 zur Übernahme eines Dienstauftrags als Schulleiter der Berufschule der … gemäß § 52 Abs. 1 Württembergisches Pfarrergesetz – PfarrerG – unter Wegfall der Dienstbezüge freigestellt werde; die Freistellung sei nicht befristet. Mit der Freistellung sei der Verlust der bisherigen Pfarrstelle sowie der Verlust des Anspruchs auf Dienstbezüge aus der bisherigen Pfarrstelle verbunden. Das Dienstverhältnis bei der Evangelischen Landeskirche bleibe aber weiterhin bestehen. Der von der Paulinenpflege beantragten Fortzahlung von Dienstbezügen habe nicht entsprochen werden können, da vom Kläger kein überwiegend pfarramtlicher Dienst übernommen werde. Ein solcher Dienst werde vom Oberkirchenrat aber grundsätzlich vorausgesetzt, um eine Freistellung unter Fortzahlung der Dienstbezüge auszusprechen. Im Übrigen sei bei einer Freistellung der Verlust des Anspruchs auf Dienstbezüge der gesetzlich vorgesehne Regelfall. Während der Zeit der Freistellung habe der Kläger keinen Anspruch auf Beihilfeleistungen. Die Zeit der Freistellung werde unter dem Vorbehalt des Gleichbleibens der Rechtslage als ruhegehaltsfähig anerkannt, da die Freistellung nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 Pfarrerversorgungsgesetz im Kircheninteresse liege. Das Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Am 7. Februar 2003 hat der Kläger das Verwaltungsgericht angerufen. Er macht geltend, seine Klage sei zulässig. Zwar spreche § 52 Abs. 1 Satz 3 PfarrerG von einem „Antrag der Einrichtung“, aufgrund dessen Dienstbezüge weitergezahlt werden könnten. Dies stehe der Zulässigkeit der Klage aber nicht entgegen. Denn eine Freistellung vom Dienst greife stets in die Rechte auch des Freigestellten ein. Sie könne daher stets nur mit Zustimmung des Betroffenen erfolgen, auch wenn dieser selbst diesbezüglich nicht antragsberechtigt sei. Soweit eine Freistellung unter Wegfall der Dienstbezüge des Freigestellten erfolge, habe dies für den Freigestellten die Konsequenz, dass er nicht mehr beihilfeberechtigt sei. In diese Rechtsstellung des Freigestellten werde mit dieser Entscheidung eingegriffen. Ein Pfarrer habe grundsätzlich ein Anrecht auf Beihilfeleistungen, dieser Anspruch werde dem Kläger mit der Entscheidung, ihn unter Wegfall der Dienstbezüge freizustellen, entzogen. Dem Freigestellten müsse deshalb die Möglichkeit gegeben werden, sich hiergegen zu wehren.
Darüber hinaus macht der Kläger geltend, die Klage sei auch begründet, was dann in mehreren Schriftsätzen weiter vertieft wird.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Kläger bei Weiterzahlung der Dienstbezüge zu beurlauben und den Bescheid des Oberkirchenrats vom 18. Dezember 2002 insoweit aufzuheben, als er dem entgegensteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig. Sowohl die Freistellung als solche, wie auch eine Fortzahlung der Dienstbezüge in diesem Zusammenhang könnten nur von der aufnehmenden Stelle beantragt werden. Zwar stelle eine Entscheidung, die Dienstbezüge weiter zu bezahlen, eine Begünstigung des Freizustellenden dar, aus der Vorschrift selbst ergebe sich aber kein subjektives Recht des Freizustellenden. Eine Ablehnung der Weiterzahlung der Dienstbezüge könne damit aber auch kein subjektives Recht des Klägers verletzen.
Hilfsweise wird unter Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Klägers ausgeführt, die Klage sei auch nicht begründet.
In der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2003 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden. Dem Gericht haben die in der Sache angefallenen Akten des Oberkirchenrats vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
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Gründe:

Das Gericht konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 61 Abs. 2 KVwGG).
Die Klage ist unzulässig. Dem Kläger fehlt die erforderliche Klagebefugnis (§ 10 Abs. 2 KVwGG). Denn der Kläger kann nicht geltend machen, durch den angefochtenen Verwaltungsakt bzw. die Ablehnung des Antrags auf Beurlaubung unter Weiterzahlung der Dienstbezüge in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Für die Auffassung des Gerichts maßgeblich ist zunächst der Wortlaut des hier einschlägigen § 52 Abs. 1 Satz 3 PfarrerG. Danach können im Falle der Freistellung eines Pfarrers für die Tätigkeit bei einer selbständigen diakonischen, missionarischen oder sonstigen kirchlichen Einrichtung die Dienstbezüge gegen Erstattung der Aufwendungen durch die aufnehmende Stelle weiter bezahlt werden; dies setzt allerdings einen hierauf gerichteten Antrag der aufnehmenden Einrichtung voraus. Ein entsprechendes Antragsrecht des Pfarrers sieht § 52 PfarrerG nicht vor, antragsberechtigt ist danach ausschließlich die aufnehmende Stelle.
Ist dem jeweiligen Pfarrer damit aber - bei der hier maßgeblichen Konstellation - nicht die rechtliche Möglichkeit eröffnet, ein Verfahren in Gang zu setzen, an dessen Ende eine Entscheidung über die Weiterzahlung seiner Dienstbezüge steht, so spricht dies nach Auffassung des Gerichts dafür, dass einem Pfarrer auch kein subjektives und damit gerichtlich durchsetzbares Recht auf Beurlaubung unter Weiterzahlung von Dienstbezügen oder - als rechtliches minus - zumindest auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber eingeräumt werden sollte.
An dieser Einschätzung vermag auch der Hinweis von Klägerseite nichts zu ändern, eine Freistellung vom Dienst greife stets in die Rechte auch des Freigestellten ein, und es sei zu bedenken, dass das grundsätzliche Anrecht eines Pfarrers auf Beihilfeleistungen mit der Entscheidung, ihn unter Wegfall der Dienstbezüge frei zu stellen, entzogen werde. Dies ist zweifelsohne zutreffend, vermag eine Klagebefugnis aber nicht zu begründen. Denn angesichts der zitierten gesetzlichen Regelung handelt es sich bei der Weiterzahlung von Dienstbezügen im Falle einer Freistellung lediglich um einen – auf den Kläger bezogen – Rechtsreflex aus einer zwischen der Landeskirche und der aufnehmenden Stelle auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 Satz 3 PfarrerG bestehenden Rechtsbeziehung.
Ein solches Verständnis der einschlägigen Regelung führt nicht zu einer dem Pfarrer unzumutbaren Einschränkung seiner Rechtsstellung. Denn nach der Regelung des § 52 Abs. 1 Satz 1 PfarrerG – und hierüber besteht auch unter den Beteiligten kein Dissens – kann eine Freistellung aufgrund dieser Vorschrift nur erfolgen, wenn der Pfarrer seine Zustimmung hierzu erklärt. Dieser Zustimmungsvorbehalt gewährt einem Pfarrer aber ausreichenden Schutz gegenüber einer Freistellung, die nach seinem Dafürhalten seinen Interessen – auch besoldungsrechtlicher Art – nicht gerecht wird. So kann er seine Zustimmungserklärung u. a. davon abhängig machen, ob die Landeskirche einem Antrag der aufnehmenden Stelle nach § 52 Abs. 1 Satz 3 PfarrerG stattgegeben hat oder stattzugeben beabsichtigt. Erklärt er seine Zustimmung schon vor einer entsprechenden Entscheidung, so fällt dies in seine Risikosphäre.
Nach allem ist die Klage abzuweisen. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 89 Abs. 1 KVwGG.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Schlatter
gez. Kohler
gez. Dr. Deuschle