.24. Kirchliches Gesetz
§ 1
§ 2
§ 3
§ 4
#§ 5
§ 6
§ 7
§ 8
§ 9
24. Kirchliches Gesetz
über Allgemeine Bestimmungen zum Klimaschutz
(Allgemeine Klimaschutzbestimmungen – AKSB)
Vom 25. November 2022
###Präambel
Die Kirche versteht die Schöpfung als von Gott gegebene Grundlage für alles Leben, und der Mensch hat die ihm gegebene bleibende Aufgabe, sie zu bebauen und zu bewahren. Die Kirche tritt darum für einen angemessenen Umgang mit der Umwelt ein, in die der Mensch gestellt ist.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg nimmt sich dazu auch selbst in die Pflicht. Sie bemüht sich nach bester Einsicht, durch Menschen verursachten, nachteilig wirkenden klimatischen Veränderungen zu begegnen.
Dies geschieht unter anderem durch Sanierungen im Gebäudebestand, durch klimafreundliche Mobilität und Beschaffungen, die Förderung von Biodiversität und durch deutliche Minderung von Treibhausgasemissionen.
In der Zuversicht und Freiheit, die das Evangelium eröffnet, leistet das folgende Kirchengesetz einen Beitrag, der Schöpfungsverantwortung gerecht zu werden.
##§ 1
Zweck, Anwendungsbereich
(
1
)
Zweck dieses Gesetzes ist es, einen Beitrag zum Klimaschutz durch Reduzierung der Treibhausgasemissionen hin zur Netto-Treibhausgasneutralität zu leisten und zu einer nachhaltigen Energieversorgung beizutragen.
(
2
)
Mit diesem Gesetz sollen Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen hin zu Netto-Treibhausgasneutralität für den Bereich der Evangelischen Landeskirche in Württemberg formuliert, die Belange des Klimaschutzes konkretisiert und notwendige Umsetzungsinstrumente geschaffen werden. Dabei sind sowohl die ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen zu berücksichtigen.
(
3
)
Soweit nichts anderes bestimmt ist, gilt dieses Gesetz für die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Für die Kirchengemeinden, Kirchenbezirke, Kirchlichen Verbände und kirchlichen öffentlich-rechtlichen Stiftungen gilt dieses Gesetz, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach Maßgabe der Kirchengemeindeordnung, der Kirchenbezirksordnung, des Kirchlichen Verbandsgesetzes und der Verordnung des Oberkirchenrats über die Stiftungsaufsicht.
#§ 2
Begriffsbestimmungen
Es gelten die Begriffsbestimmungen des § 2 Nummern 1 bis 3 und 9 Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513) in der jeweils geltenden Fassung.
#§ 3
Klimaschutzziel
(
1
)
Die Treibhausgasemissionen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg einschließlich der Gesamtheit ihrer Kirchengemeinden, Kirchenbezirke, Kirchlichen Verbänden und kirchlichen öffentlich-rechtlichen Stiftungen werden schrittweise so verringert, dass bis spätestens 31. Dezember 2040 Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. Die Minderungsbeiträge aus dem europäischen System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten finden dabei entsprechende Berücksichtigung. Die Netto-Treibhausgasneutralität soll in erster Linie durch die Einsparung von Energie, die effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie die Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden. Ergänzend kann sie durch Kompensation im Wege rechtlich anerkannter Emissionsminderungsmaßnahmen mit im Wesentlichen vergleichbaren Standards verwirklicht werden.
(
2
)
Leitungen von Dienststellen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg berücksichtigen bei ihren Planungen und Entscheidungen Zweck und Ziel dieses Gesetzes.
#§ 4
Klimaschutzkonzept
(
1
)
Der Oberkirchenrat stellt auf der Basis einer Bestandsanalyse alle fünf Jahre, beginnend mit dem Jahr 2025, ein Klimaschutzkonzept für die Evangelische Landeskirche in Württemberg auf, das wesentliche Zwischenziele, Strategien und Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzziels nach § 3 Absatz 1 benennt.
(
2
)
Das Klimaschutzkonzept umfasst insbesondere folgende Elemente:
- Zwischenziele und Vorschläge zur Reduktion der Treibhausgase für die Bereiche Gebäude, Grundstücke, Mobilität, Ernährung und Beschaffung,
- Benennung von Einsparpotenzialen für die Bereiche Gebäude, Mobilität, Ernährung und Beschaffung,
- Vorschläge für die Kompensation von nicht vermeidbaren Treibhausgasemissionen,
- Vorschläge zur Novellierung von Vorschriften zur Treibhausgasreduktion und
- Vorschläge für die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu Klimaschutz und Klimagerechtigkeit,
- Vorschläge zur klimafreundlichen Nutzung von Wald und Boden.
§ 5
Datenerhebung, Berichterstattung
(
1
)
Die zuständigen Leitungen der Dienststellen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg erheben jährlich die für die Energie- und Treibhausgasbilanz erheblichen Daten und leiten diese bis spätestens zum 31. Juli des jeweils nachfolgenden Jahres an den Evangelischen Oberkirchenrat weiter, um eine Auswertung des erreichten Klimaschutzniveaus im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zu ermöglichen. Für Gebäude im Eigentum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, für die keine Daten erhoben werden können, wird auf Basis eines Energiebedarfsausweises eine Datenschätzung durchgeführt. Der Oberkirchenrat legt die zur Datenerhebung einzusetzenden Verfahren und Programme fest.
(
2
)
Der Oberkirchenrat legt der Landessynode alle fünf Jahre einen Klimaschutzbericht vor, der Auskunft über wesentliche Folgen des Klimawandels für die Evangelische Landeskirche in Württemberg sowie die Umsetzung und Wirkung wichtiger Anpassungsmaßnahmen gibt und Vorschläge zur Weiterentwicklung der Anpassungsstrategie enthält. Die Berichte bilden die Grundlage für das vom Oberkirchenrat zu erstellende Klimaschutzkonzept. Der Oberkirchenrat erstattet der Landessynode regelmäßig einen Zwischenbericht zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und zum Umsetzungsstand wesentlicher Zwischenziele, Strategien und Maßnahmen.
#§ 6
Maßnahmen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität
betreffend Gebäude und Mobilität
(
1
)
Bei Gebäuden, die im Eigentum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg stehen, sind der Abschluss von Verträgen über den Einbau von Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, und der Abschluss von Verträgen über den Anschluss an ein Wärmeversorgungsnetz, bei dem die Wärmeversorgung auf der Nutzung fossiler Brennstoffe beruht, unzulässig. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Oberkirchenrats. Bei bestehenden Heizungsanlagen und Wärmeversorgungsverträgen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, soll die Möglichkeit einer zeitnahen Änderung geprüft werden.
(
2
)
Der Abschluss von Stromlieferungsverträgen, die nicht ausschließlich auf den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien gerichtet sind, ist unzulässig. Bestehende Stromlieferungsverträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Oberkirchenrats.
(
3
)
Bei Dienstreisen ist möglichst auf öffentliche und klimafreundliche Verkehrsmittel zurückzugreifen. Nähere Bestimmungen trifft der Oberkirchenrat im Rahmen der Reisekostenordnung.
#§ 7
Weitere Maßnahmen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität
Beim Angebot von Lebensmitteln in kirchlichen Einrichtungen sollen Belange des Klimaschutzes angemessen berücksichtigt werden.
#§ 8
Bildung
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1
)
Das Thema Klimagerechtigkeit soll grundlegend in den kirchlichen Bildungseinrichtungen behandelt werden.
(
2
)
Schöpfungstheologie soll grundlegend in der Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern, Diakoninnen und Diakonen sowie anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern thematisiert werden. Die Lehr- und Bildungspläne oder Ausbildungsmodule sind entsprechend anzupassen.
(
3
)
Personen, die Gebäude bewirtschaften, insbesondere Mesnerinnen und Mesner, Hausmeisterinnen und Hausmeister, sollen regelmäßig in Fragen des Klimaschutzes geschult werden.
(
4
)
Der Dienst an der Schöpfung und die Verantwortung für die Mitwelt sollen in der kirchlichen Arbeit thematisiert werden. Anlässe im Kirchenjahr sind zum Beispiel Erntebitt- und Erntedankgottesdienste und die Zeit rund um den Tag der Schöpfung.
#§ 9
Finanzierung
Die Zuteilung von Mitteln für Maßnahmen zur Förderung des Klimaschutzes für den Bereich Gebäude erfolgt auf Antrag durch den Ausgleichstock für hilfsbedürftige Kirchengemeinden.