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Geltungszeitraum von: 01.01.2002

Geltungszeitraum bis: 31.12.2021

925. Glockenanschaffung und Glockenpflege

Erlaß des Ev. Oberkirchenrats vom 11. Januar 1950 (Abl. 34 S. 7), geändert durch Verordnung vom 2. Mai 2000 (Abl. 59 S. 79, 82)

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Der Oberkirchenrat legt bei der Bedeutung der Glocke für das kirchliche Leben Wert darauf, daß der Neuaufbau des heimatlichen Glockenwesens in voller Verantwortung vor der Zukunft durchgeführt wird. Die Erlasse vom 28. Februar 1946 Nr. A. 26411#) und vom 8. Juni 1946 Nr. A. 73462#) gaben hierzu die nötigen Anordnungen und Richtlinien. Die für Glockenanschaffung, Glockenabgabe und Umguß zersprungener Glocken maßgeblichen Richtlinien werden, um unter Wahrung der Belange der Kirchengemeinden ein einheitliches Verfahren zu gewährleisten, wie folgt zusammengefaßt:
  1. Alle Verträge über Lieferung neuer Glocken sind vor der Unterzeichnung durch den Kirchengemeinderat dem Oberkirchenrat zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen, selbst wenn der Aufwand hinter den in § 39 der Vollz.-Verf. zur KGO3# angegebenen Summen zurückbleibt. Diese Bestimmung gilt auch in den Fällen, in welchen ein Geläute ganz oder teilweise gestiftet wird oder die bürgerliche Gemeinde für die Glocken beschaffungs- oder beitragspflichtig ist.
  2. Die Lieferungsverträge müssen eine vollständige Kostenangabe für Metall, Guß, Armaturen und Montage unter Anschluß der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen enthalten. Ein Kostendeckungsplan ist mit einzusenden.
  3. Die Glockeninschriften bedürfen sorgfältiger Auswahl. Kurze Fassung und Beschränkung auf ein Bibelwort oder auf Anfang oder Teil einer Liedstrophe werden empfohlen. Nichtssagende Reimereien sollen wegbleiben, Stiftervermerke nur in bescheidener Weise angebracht werden. Zur Benennung von Künstlern für die Glockenzier ist der Verein für christliche Kunst bereit.
  4. Neue Glocken dürfen erst montiert werden, nachdem die ordnungsmäßige Prüfung und Abnahme derselben durch den landeskirchlichen Sachverständigen stattgefunden hat. Die Prüfung durch andere Sachverständige hat die Genehmigung des Oberkirchenrats in jedem Fall zur Voraussetzung.
  5. Vorhandene unversehrte Glocken dürfen ohne Genehmigung des Oberkirchenrats weder umgegossen noch verkauft oder dem Glockengießer auf Anrechnung überlassen werden. Glocken, die in ein neues Geläute nicht einbezogen werden können oder sollen, werden zweckmäßig gegen angemessene Entschädigung (etwa 2/3 des Neuwertes) durch Vermittlung des Oberkirchenrats einer anderen Gemeinde der Landeskirche überlassen, wobei kriegsgeschädigte und finanziell nicht leistungsfähige Kirchengemeinden einen Vorrang haben.
  6. Für gesprungene Glocken aus der Zeit vor 1850 ist die Umgußerlaubnis beim Oberkirchenrat nachzusuchen. Dieser wird in allen Fällen, in welchen es sich um Glocken von Denkmalwert handelt, die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege einholen. Das Erz zersprungener neuerer Glocken kann ohne weiteres für den Neuguß an die Glockengießerei abgegeben werden.
    Der Oberkirchenrat empfiehlt ferner den Pfarrämtern und Kirchengemeinderäten, in jedem Fall der beabsichtigten Veränderung des Glockenbestandes vor Eintritt in die Verhandlung mit Glockengießern die Beratung des Glockensachverständigen der Landeskirche nachzusuchen und keine Bindung einzugehen, ehe dieser in der Lage war, sich gutachtlich zu äußern.
Die bisherigen Erfahrungen seit 1945 haben den in den früheren Erlassen gegebenen Rat durchaus bestätigt, daß die Geläute nur durch Bronzeglocken in der altbewährten Legierung 78 % Kupfer, 22 % Zinn bei einer Toleranz von höchstens 1 %, darunter höchstens 0,5 % Blei, erneuert werden sollten. Die aus Austauschwerkstoffen verschiedener Art gegossenen Glocken (Kupfermangan, Tombasil, Messing, Zink, Stahl, Hartguß usf.) bleiben hinter der guten Bronzeglocke in dem Entscheidenden, der Resonanz und der Tonsprache immer noch weit zurück. Der Beratungsausschuß für das deutsche Glockenwesen hat in seinen 1949 ausgegebenen Richtlinien für den Neuaufbau des deutschen Glockenwesens und unabhängig von diesen der Allgemeine Cäcilienverein auf seiner letztjährigen Generalversammlung in Köln den Kirchenleitungen dringend nahegelegt, dafür besorgt zu sein, daß künftighin nur noch Bronzeglocken durch die Gemeinden beschafft werden sollen. Reichen die Mittel für ein vollwertiges Geläute nicht zu, so begnüge man sich vorerst mit einem Teilgeläute aus Bronze, statt jetzt schon ein volles Geläute in Austauschwerkstoff zu beschaffen. Wo solche vorhanden sind, ist ein allmählicher Umbau zu reinen Bronzegeläuten wünschenswert.
Auf die pflegliche Behandlung der Glockenanlage wird erneut hingewiesen. Nicht wenige, teilweise wertvolle Glocken sind vorzeitig gesprungen, weil es an der nötigen Sorgfalt bei der Unterhaltung der Glockenanlage fehlte. Das früher von dem Verein für christliche Kunst herausgegebene Merkblatt für Behandlung und Läuten der Glocken kann, wo es nicht mehr vorhanden ist, beim Oberkirchenrat bestellt werden. Die Dekanatämter wollen berichten, wieviele Stücke in ihren Bezirken benötigt werden.
Die Glockengießermeister des Landes sind bereit, gegen eine geringe jährliche Entschädigung die Glockenanlage regelmäßig zu besichtigen, kleinere Schäden abzustellen und auf die Notwendigkeit größerer Instandsetzungsarbeiten hinzuweisen. Der Abschluß von Verträgen über Prüfung der Glockenanlage wird empfohlen.
Alle Kosten für die Beratung der Gemeinden anläßlich der Beschaffung von Glocken und für deren ordnungsmäßige Abnahme nach dem Guß sind bisher ausschließlich auf die Kasse der Landeskirche übernommen worden. Dies ist künftig nicht mehr möglich. Die Gemeinden haben einen Teil der Kosten in der Weise zu übernehmen, daß sie die Reisekosten des Glockensachverständigen und einen Teil der Beratungs- und Prüfungskosten tragen: 5,11 Euro für die einzige oder erste Glocke, 2,56 Euro für jede weitere Glocke. Der Glockensachverständige wird darauf bedacht sein, wo dies immer geschehen kann, mehrere Gemeinden an einem Tag zu bedienen, damit die Fahrtkosten für die einzelnen Kirchengemeinden so niedrig wie möglich gehalten werden können. Es darf erwartet werden, daß die Gemeinden diese im Verhältnis zu den Kosten der Glockenbeschaffung geringen Beträge willig übernehmen.
Die gewissenhafte Beachtung der vorstehenden Richtlinien und Ratschläge liegt im eigenen Interesse der Pfarrämter und Kirchengemeinden.
Ein weiteres Anschreiben über den Wiederaufbau der kirchlichen Läuteordnung wird demnächst folgen.

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1 ↑ Dek.Reg. B IV 3 Pf.Reg. III A 16 c.
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2 ↑ Dek.Reg. B IV 3 Pf.Reg. III A 16 c.
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3 ↑ Red. Anm.: Jetzt Nr. 79 Verordnung des Oberkirchenrats zur Ausführung der Kirchengemeindeordnung (Nr. 51 dieser Sammlung).